Ziel der Tagung, die wir derzeit vorbereiten, ist, die Hilflosigkeit aufzugreifen, die viele Menschen angesichts des Erstarkens von Parteien und Positionen aus dem rechtsextremen Spektrum befällt. Es geht uns darum, Menschen praktische und gewaltfreie Handlungsmöglichkeiten an die Hand zu geben, die sie wehrhaft machen könnten / ihnen helfen könnten.
Zu dem Rechtsruck ist schon viel geschrieben worden. Wir beobachten ihn in den Wahlerfolgen der AfD und anderer Gruppierungen. Wir erfahren darüber in den Medien, z. B. durch die Berichte des „Correktivs“ (Gemeinwohlorientiertes Medienhaus, das Deomkratie stärkt). Und wir erleben es im Alltag, wo Kolleg*innen, Freund*innen oder Vereinsmitglieder entsprechende Positionen vertreten. Die Reaktion ist nur allzu oft: Entweder offener Streit oder Schweigen, Umgehen der strittigen Themen, um die Beziehung nicht zu gefährden.
Die Demonstrationen von Anfang 2024 waren wichtig, um zu zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen rechtsextreme und fremdenfeindliche Positionen ablehnt. Sie haben Mut gemacht. Aber es ist ihnen nicht gelungen, die Polarisierungen zu überwinden. Im Gegenteil: Der Spalt scheint tiefer zu werden und viele Menschen haben inzwischen schlicht Angst. Diejenigen, die von den Rechtsextremen als „Fremde“ ausgemacht werden, werden – auch mit massiver Gewalt – angegriffen (siehe https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/service/chronik-vorfaelle). Sie werden oft nur unzureichend von den Institutionen geschützt, die dafür zuständig wären und die Sorge wächst, dass dies mit den Wahlerfolgen der AfD in einigen Bundesländern sich verschärfen könnte. Und auch, wer öffentlich gegen Rechtsextremismus auftritt, wird nicht nur in den sozialen Medien beschimpft, sondern muss ebenfalls mit physischer Bedrohung rechnen. Die Rücktritte von Kommunalpolitiker*innen, die aufgrund solcher Bedrohungen und Angst um ihre Familie ihr Amt aufgeben, sind da nur die Spitze des Eisbergs.
Die Tagung möchte in einem Dreischritt von der Analyse der Situation zu praktischen Handlungsideen kommen, die jede und jeder bei sich im Alltag umsetzen kann. Wir beginnen mit einem Beitrag, der sich analytisch mit dem Phänomen „Rechtsruck“ in der Gesellschaft befasst. Wir möchten aber nicht in der Analyse stehenbleiben, sondern sie nur als Hintergrund nehmen, um zu fragen, was mensch praktisch tun kann. Dazu hören wir zunächst von Beispielen erfolgreicher Aktivitäten „gegen Rechts“ im In- und Ausland. Anschließend können sich die Teilnehmer*innen in Arbeitsgruppen mit einzelnen Ansätzen vertieft befassen und herausfinden, welche Möglichkeiten es je nach Situation gibt, z. B. rechtspopulistischen und rassistischen verbalen Konfrontationen angemessen entgegenzutreten, Hass und Ausgrenzung keinen Raum zu lassen und wo die Grenzen sind.
Zum Abschluss sollen dann die verschiedenen Strategien gegen Rechtsextremismus zusammengebracht und Anregungen gegeben werden, wie mensch sich nach der Rückkehr nach Hause praktisch einbringen kann – situativ und gesellschaftlich, z. B. in sozialen Bewegungen.
Engagement gegen Rechtsextremismus braucht Zivilcourage. Zivilcourage kann zeigen, wer Handlungsoptionen kennengelernt hat (oder: kennt.). Und Zivilcourage braucht Solidarität – das Wissen, nicht allein zu sein.