Eingefrorene Konflikte im postsowjetischen Raum
3,00 €
Hintergrund- und Diskussionspapier Nr. 72, Johanna Unewisse: Eingefrorene Konflikte im postsowjetischen Raum, ISSN 1439-2011, Hrsg. Bund für Soziale Verteidigung, März 2021, 24 Seiten, 3,- Euro
Auch ohne Kampfhandlungen können Konflikte fortbestehen. Wenn keine Bearbeitung des Konfliktes stattgefunden hat, beziehungsweise kein Friedensvertrag ausgehandelt werden konnte, lässt sich von einem „eingefrorenen Konflikt“ sprechen. Viele solcher eingefrorenen Konflikte finden sich im Raum der ehemaligen Sowjetunion. Die Konflikte um Transnistrien, Südossetien und Abchasien, Bergkarabach sowie um die Krim können hier dazu gezählt werden. Es sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass auch diese eingefrorenen Konflikte wieder „heiß“ werden können durch erneute gewaltvolle Kampfhandlungen. Ein vereinendes Merkmal der Konflikte im postsowjetischen Raum ist die einflussreiche Rolle Russlands.
Das Papier gibt einen Überblick über verschiedene eingefrorene Konflikte im postsowjetischen Raum:
In Transnistrien (Grenzbereich von Moldau) unterstützte Russland die Transnistrier*innen, als diese begannen, sich von Moldau loszusagen und staatsähnliche Institutionen aufzubauen. Dabei stattete Russland auch paramilitärische Gruppen mit Waffen aus. Die Stationierung von sowjetischen und ab 1992 russischen Truppen in der Hauptstadt Transnistriens bezeugt zusätzlich den militärischen Einsatz Russlands. Moldaus Versuch Transnistrien zurückzuerobern, wurde auch mithilfe der russischen Unterstützung vereitelt. Versuche, den Konflikt mit einem Friedensvertrag zu lösen, sind bis heute gescheitert.
In Georgien haben sich nach der Auflösung der Sowjetunion zwei Regionen abgespalten – Südossetien und Abchasien. Beide Regionen befinden sich in Nordgeorgien und grenzen an Russland. Während Russland im Falle Südossetiens daran interessiert ist den Status quo als eingefrorenen Konflikt beizubehalten, wird der Waffenstillstand in Abchasien bis heute immer wieder durch Gewaltausbrüche gestört.
Der Konflikt um die zwischen Aserbaidschan und Armenien liegenden Region Bergkarabach unterscheidet sich von den anderen eingefrorenen Konflikten. So wird der Konflikt vor allem zwischen den zwei Staaten Armenien und Aserbaidschan ausgetragen, während Russland versucht, zu beiden Staaten gute Beziehungen aufrechtzuerhalten. Bereits in den 1990er Jahren kam es zu einem zweijährigen Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Enklave Bergkarabach. Im Mai 1994 wurde schließlich ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Trotz allem kam es seitdem zu immer wieder zu Kampfhandlungen. So gingen der erneuten Konflikteskalation und Ausbruch des Krieges im September 2020 schon zahlreiche Kampfhandlungen voraus. Mitte November 2020 wurde der Krieg durch ein Waffenstillstandsabkommen, welches von Russland ausgehandelt wurde, beendet.
Ein weiterer Konflikt konzentriert sich auf die Halbinsel Krim. Er ist geprägt von schlechten Beziehungen zwischen Moskau und Kiew seit der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 und eskalierte nach dem Umsturz in der Ukraine (Maidan-Proteste) 2013. ,. Die Annexion der Krim durch Russland sowie das Referendum über den Anschluss an Russland werden von vielen Staaten als unrechtmäßig betrachtet..
In der Region Donbass in der Ostukraine kommt es auch nach einem durch die OSZE vermittelten Waffenstillstand von 2014 und folgenden Waffenstillstandsabkommen noch zu Kampfhandlungen. Die militärische Auseinandersetzung könnte jedoch in absehbarer Zeit zu einem eingefrorenen Konflikt werden, da eine Annäherung zwischen Russland und der Ukraine nicht in Sicht ist.