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Zum Tod von Rudi Friedrich

Foto: Foto by Stephan Brües

Ich bin schockiert über den Tod von Rudi Friedrich, den Spiritus Rector von Connection e.V..

Ich kenne ihn seit weit mehr als 30 Jahren, noch als Mitglied der etwas störrischen Offenbacher DFG-VK-Gruppe.

Als der Bundesverband eine Konzentration auf KDV und Desertion nicht beschließen wollte, gründete er mit Franz Nadler und Jens Connection e.V. – ein kleiner Verein mit einem immer größer werdenden internationalen Netzwerk von Kriegs(dienst)gegner*innen.

Ich habe Ende der 1990er Jahren für den Rundbrief einige Artikel vom Spanischen ins Deutsche übersetzt. Und ich traf ihn ab 2006 bei einigen WRI-Konferenzen.

Es gibt wohl wenige Menschen, die so viel über Kriegsdienstverweigerung und Desertion wussten wie Rudi. Mit einer stoischen Ruhe ging er seiner strapaziösen Arbeit nach – und fand Ausgleich im Trompete und Gitarre spielen, z.B. bei der Szenischen Lesung »Run Soldier Run“.

Mit dieser Lesung sah ich zuletzt am 3.10.2023 in Heidelberg, hatte aber zwischendurch auch über ObjectWar telefonisch mit ihm zu tun.

Ein anderer Ausgleich war offensichtlich das Wandern, wobei er nun – allzu früh – den Tod fand.

Ich bin unendlich traurig und denke an Frau und Kinder.

Stephan Brües, Ko-Vorsitzender des BSV und BSV-Vertreter in der WRI

Mein Foto zeigt ihn bei der Lesung „Run Soldier Run“ im Heidelberger Karlstorbahnhof 03.10.2023.

 

Ein weiterer Nachruf von Olga Karatch 

(Die Originalversion auf Englisch findet sich hier)

Lebe wohl, Rudi. Und danke, dass du zu uns gestanden hast, als es nur wenige gewagt haben.

Als der Krieg in der Ukraine begann, sahen wir uns vor eine unmögliche moralische Wahl gestellt – eine, die keinen Raum für Zögern ließ. Als belarussische Menschenrechtsverteidiger*innen beschlossen wir zu handeln. Ohne die vollen Kosten des Kampfes zu kennen, entschieden wir uns, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die belarussische Armee daran zu hindern, sich Putins Krieg anzuschließen. Wir wussten nur eines, dass der Krieg nicht unser Weg ist und dass jeder belarussische Mensch das Recht hat, Nein zu sagen zu Gewalt, Nein zu Waffen und Nein dazu, ein Werkzeug der Zerstörung im Krieg zu werden.

Ich muss gestehen, dass ich damals noch nie etwas von „Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen“ als einem Menschenrechts- oder politischen Konzept gehört hatte. Ich hatte noch nie über die Rechte von Männern nachgedacht. Ich bin eine Feministin. Meine gesamte Arbeit war bis dahin dem Schutz von Frauen und Kindern gewidmet. Für das Recht der belarussischen Männer, den Militärdienst zu verweigern, einzutreten – das war ein völlig neuer, unbekannter Weg für mich.

Und dieser Weg erwies sich als steiler und tückischer, als ich es mir je hätte vorstellen können.

Wir sahen uns nicht nur der erwarteten Feindseligkeit des belarussischen Regimes und seiner Verbündeten gegenüber – wir stießen auch auf unerwarteten Widerstand von Regierungen, die behaupten, für die Menschenrechte zu stehen. Selbst in Litauen, wo ich im Exil lebe, wurde unsere Kampagne oft missverstanden, heruntergespielt oder angegriffen.

Und doch gab es ganz am Anfang, als dieser Kampf noch jung und ungewiss war, eine Person, die uns zur Seite stand – leise, aber bestimmt.

Dieser Mensch war Rudi Friedrich.

Rudi hat nicht die Stimme erhoben oder versucht, das Gespräch zu dominieren. Er hat uns nicht belehrt. Er hörte einfach zu – und dann sagte er mit einem ruhigen und warmen Lächeln etwas, das ich nie vergessen werde:

„Auch Belarussen haben das Recht, nicht in den Krieg zu ziehen.

Nicht nur Russen. Nicht nur Ukrainer. Auch Belarussen.“

Dieser Satz – so einfach und doch so radikal – gab uns die Kraft, weiterzumachen. In einer Welt, in der Grenzen mit Blut gezogen werden und Prinzipien oft unter Druck zusammenbrechen, gab uns Rudi einen Grund zu glauben, dass Frieden nicht naiv, sondern notwendig ist – und dass Widerstand, selbst im Stillen, etwas zählt.

An seiner Schulter, sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinne, habe ich mich öfter angelehnt, als ich zählen kann. Er war stark, standhaft und immer da – zu jeder Stunde, in jedem Moment der Verzweiflung.

Jetzt ist diese Schulter weg.

Und ich muss weinen, nicht nur wegen des Verlusts eines Freundes, sondern auch wegen der Last, die wir jetzt ohne ihn zu tragen haben.

Ich kann nicht glauben, dass von diesem Tag an all unsere Gespräche, unsere gemeinsamen Momente, unser Lachen und unsere stille Entschlossenheit nur noch in der Erinnerung existieren werden.

Er ist jetzt Teil der Geschichte geworden.

Aber wir – diejenigen von uns, die übrig geblieben sind – werden weitermachen.

Wir werden diese Arbeit fortsetzen, egal wie schwierig sie ist, egal wie einsam sie sich manchmal anfühlt. Wir werden weiter für die Rechte der belarussischen Männer kämpfen, die sich weigern zu töten – und für eine Zukunft, in der Frieden nicht als Verbrechen behandelt wird.

Ruhe in Frieden, lieber Rudi.

Du wirst immer bei uns sein – in jedem Wort, das wir sprechen, in jedem Menschen, dem wir helfen, in jedem „Nein“, das gegen den Wahnsinn des Krieges ertönt.